Alles zum Thema Kultur

Was wird in zehn Jahren sein?

Eins ist klar. In zehn Jahren werden wir über die Zukunftsvisionen von heute schmunzeln. Der Mensch kann zwar in die Zukunft sehen. Aber nur so weit, wie sie sich bereits abzeichnet. Oder falsch (Siehe: «Technologie: eine heitere Geschichte des Irrtums»). Die Chance, vorauszusehen, wo wir und unsere Technologie in zehn Jahren stehen, ist etwa so gross, wie wenn man das Internet schon hundert Jahre vorher hätte kommen sehen. Was sagen Sie, Jules Verne hat genau das getan, Mitte des 19. Jahrhunderts? Nun, dann steht einem kompetenten Blick in die Zukunft nichts im Wege. (mehr …)


Was hat dieses Web 2.0 tatsächlich gebracht?

Seit das Web vor fünf Jahren das Versionskürzel 2.0 angehängt bekommen hat, ist alles anders. Im Internet der zweiten Generation ist der Nutzer nicht mehr nur passiver Konsument, sondern kann aktiv Inhalte beisteuern. Er schreibt Blogs, lädt Videos bei YouTube hoch, bearbeitet Artikel bei Wikipedia, teilt Bilder bei Facebook. Das Internet ist einfach genug geworden, dass jeder zum Sender von Information werden kann.

Für Kritiker ist das Web 2.0 ein leichtes Ziel. Es ist so weit verzweigt und so vielfältig, dass sich für jede apokalyptische These ein Beleg findet. Für Euphoriker ist das Web 2.0 leicht zu verteidigen. Es ist so weit verzweigt und so vielfältig, dass sich für jede apokalyptische These ein Gegenbeleg findet. Leicht anzugreifen, leicht zu verteidigen – das sollte Hinweis genug sein, dass das Web 2.0 per se eigentlich gar nichts ist. Keine Entität, die normativ gut oder schlecht sein kann. Stattdessen ist es ein Boden, auf dem allerlei Leben gedeihen kann. Es wäre vernünftig, diesen Boden zumindest als wertneutral anzusehen. Mit etwas Optimismus und Vertrauen könnte man auch sagen: Gut, gibt es diesen Boden, schauen wir mal, was daraus wächst, und fällen unser Urteil dann über das Gewachsene, nicht den Boden. (mehr …)


Darf ich all dieses technische Zeugs einfach doof finden?

Ja, unbedingt. Ist ja langweilig genug, dass alle Kinder Lokführer, Tierärztin und Germany’s Next Topmodel werden wollen. Da darf man sich als gestandener Erwachsener dann durchaus mal als freiberuflicher Kulturpessimist durchs Leben schlagen. Alleine sind Sie damit bei weitem nicht. Kulturpessimismus ist gerade ziemlich en vogue, was wohl so manchen Kulturpessimisten gleich in die erste Existenzkrise führen dürfte. Trends sind verdächtig, früher war schliesslich alles besser. (mehr …)


Warum verschwindet Spam eigentlich nie?

Das ist einfach erklärt. Spam verschwindet nicht, weil die Spammer den Spam-Verhinderern technisch immer einen Schritt voraus sind. Spam verschwindet nicht, weil es spottbillig ist, Millionen von Nachrichten zu verschicken. Und Spam verschwindet nicht, weil es unter einer Million Menschen immer einen Dummen gibt, der einem nigerianischen Buchhalter seine Kontodaten mailt oder in Weissrussland blaue Pillen bestellt. Weil die Aussicht auf mehr Geld und mehr Penis offenbar noch immer zuverlässig die Sinne vernebelt. Darum gibt es Spam auch im Jahre 2010 noch. Und da man nicht einfach alle Männer mit zu kurz geratenem Selbstwertgefühl vom Internet fernhalten kann, wird es Spam vermutlich auch in fünf, zehn und in zwanzig Jahren geben. (mehr …)


Gibt es Musik bald nur noch als Downloads?

Nein, ganz im Gegenteil: Musikdownloads werden in den nächsten Jahren aussterben. Bei Lichte betrachtet ist das Herunterladen von Musik nur ein krudes Übergangsmodell, das bereits jetzt daran ist, überflüssig zu werden. Selbst die angeblich so todgeweihte Compact Disc wird die Downloads mühelos überleben. Zwar gewinnen Downloads momentan noch weiter Marktanteile dazu. Im in dieser Hinsicht am weitesten entwickelten Markt, dem amerikanischen, sorgen sie inzwischen für mehr als ein Drittel der Einnahmen aus Musikverkäufen. Rechnet man Filesharing hinzu, so machen Downloads inzwischen die Mehrheit des Musikerwerbs aus. Doch dieser Trend täuscht. Was wir sehen, ist das Verglühen eines sehr kurzlebigen Vertriebsmodells.

Im Zeitalter von Breitbandinternet wird ein bislang grundlegendes Prinzip des Musikkonsums radikal in Frage gestellt: der Besitz von Musik. Bis vor wenigen Jahren musste, wer sich nicht den Launen von Radio und Musikfernsehen unterwerfen wollte, selber Musik besitzen, wenn er welche hören wollte. Sei das in Form von Schallplatten, Kassetten, CDs und zuletzt legal oder illegal heruntergeladenen Musikdateien. Musik auf Abruf gab es nur aus der eigenen Sammlung. Und diese musste stets gepflegt und erweitert werden.

Die heutige Geschwindigkeit des Internets erlaubt es, Songs direkt aus dem Netz zu streamen, also abzuspielen, ohne dass man sie selber besitzt. Millionen von Songs können jederzeit bei Diensten wie MySpace, YouTube oder Hypemachine kostenlos und ohne Registrierung abgespielt werden. Eine britische Studie aus dem Sommer 2009 hat gezeigt, dass Jugendliche zunehmend diese Form des Musikkonsums dem Downloaden vorziehen. Innert einem Jahr ist etwa der Anteil Jugendlicher, die Musik gratis aus dem Netz herunterladen, von 42 auf 26 Prozent gesunken. Wenn junge Menschen sogar die kostenlose Variante des Musikerwerbs zunehmend verschmähen, ist dies ein deutliches Zeichen. Offenbar haben die Menschen tatsächlich immer weniger Interesse daran, Musik zu besitzen.

Der Nachteil dieser Art, Musik zu hören: Man kann keine ganzen Alben am Stück hören und verliert schnell den Überblick, weil die Songs im ganzen Internet verstreut sind. Ein schlagendes Argument für die eigene Musiksammlung auf dem Computer, möchte man meinen. Aber auch hierfür gibt es bereits Abhilfe, von Streamingdiensten wie Spotify, Simfy oder Deezer, deren Produkt so aussieht und funktioniert wie iTunes oder der Windows Media Player. Bloss dass die Musikstücke nicht auf dem Computer gespeichert sind, sondern auf grossen Servern, die irgendwo in der Welt stehen können. Für einen monatlichen Betrag von circa 15 Franken erhält man das Recht, jederzeit und von überall aus auf den gesamten Fundus zuzugreifen.

Kurzbefehl von David BauerSie lesen einen Auszug aus dem Buch «Kurzbefehl. Der Kompass für das digitale Leben.» von David Bauer. Sie können das Buch jetzt bestellen, weiterstöbern, diesen Text kommentieren oder selber eine Frage zum digitalen Leben stellen. Ah ja, und via Facebook weiterempfehlen dürfen Sie es auch gerne.

In Zukunft – und sie hat bereits begonnen – kauft man sich keine einzelnen Werke mehr, sondern den Zugang zu allen. Es gibt keine komfortablere und günstigere Art, jederzeit die Musik zu hören, auf die man gerade Lust hat. Auf der rein pragmatischen Ebene ist das das entscheidende Kriterium. Tonträger haben sich stets zur nächst komfortableren Handhabung hin entwickelt. Vinyl hat Schellack den Rang abgelaufen, weil die neuen Platten nicht mehr so leicht kaputt gingen. Die CD hat der Vinyl-Platte den Rang abgelaufen, weil man leichter zwischen Songs hin und her springen konnte. Musikdateien laufen der CD den Rang ab, weil sie sich besser verwalten lassen und deutlich portabler sind. Im nächsten Schritt stechen Streams die lokalen Musikdateien aus, weil sie ein grösseres Angebot bieten. Die Sammlung ist prallvoll und erweitert sich von alleine, so dass sie immer auf dem neuesten Stand ist. Wenn es rein um die Verfügbarkeit von Musik geht, ist Besitz heute hinfällig.

Natürlich gibt es noch die andere Seite. Einem echten Musikliebhaber reicht der reine Zugang zu Musik nicht aus. Eine emotionale Verbindung zu bestimmten Werken entsteht durch den bewussten Kaufakt und durch den tatsächlichen Besitz. Es ist das Bekenntnis eines Liebhabers zu einem bestimmten Werk, das er im Unterschied zu anderen besitzen möchte. Hier aber standen die Downloads schon immer schlecht da. Die Musikdatei, auch wenn sie durch den Download zum Besitz geworden ist, strahlt nichts aus, ist wertlos. Eine Musiksammlung, die aus nichts als Bits und Bytes besteht, macht keinen Musikliebhaber glücklich. Die Überlegenheit des Musikbesitzes im Unterschied zum blossen Zugang liegt in der physischen Präsenz. Man muss die Sammlung anschauen und anfassen können, muss Booklets zum Durchblättern haben. Vinyl-Platten – und mit Abstrichen auch CDs – sind Kunstwerke über die Musik hinaus. So erstaunt es nicht, dass sich parallel zum Aufstieg digitaler Musik der Marktanteil von Vinyl seit 1999 wieder verdoppelt hat. Die physischen Tonträger kompensieren die Seelenlosigkeit der Bits und Bytes, die heute Musik am bequemsten zu uns bringen.

Natürlich verlangt der Musikkonsum der Zukunft nicht nach einen Entweder-oder. Der Musikliebhaber wird seine liebsten Werke im Regal stehen haben und per Streaming-Abo Zugriff auf alle anderen haben. Bloss für Musikdownloads gibt es keinen Platz mehr. Ihr pragmatischer Wert ist überholt, einen emotionalen Wert hatten sie nie. Vermissen wird sie niemand.


Richtet das Internet unsere Sprache zu Grunde?

Von: David Bauer
An: Alle, die geneigt sind, die Frage mit Ja zu beantworten
Betreff: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! (mehr …)


Sollten wir unsere Handschrift mehr pflegen?

Wie gerne würde ich hier klipp und klar antworten, dass die Handschrift ein längst überholtes Ärgernis ist. Ein Auslaufmodell, hochgehalten von Retromantikern und der Pädagogenmafia. Aber ich kann mir nicht helfen: Ich finde Menschen mit einer schönen Handschrift sympathischer, interessanter. Ich lese gerne Handgeschriebenes. Ja, verdammt, ich mag es sogar, wenn ich beim Schreiben den Widerstand des Stifts auf dem Papier spüre. Die Handschrift ist mir lieber, als mir lieb ist.

Gegen diesen inneren Konflikt hilft nur eine pragmatische Auslegeordnung. Die ich – touché – zunächst in einen Notizblock kritzle. Die Mission: die systematische Dekonstruktion der Handschrift. Jedes Argument pro Handschrift soll entkräftet werden, damit am Ende bewiesen ist: Die Handschrift ist unnütz. Sollte ich scheitern, werde ich zur Strafe zwei Seiten von Hand vollschreiben mit: Du sollst deinen Stift und dein Papier ehren (Online-Bonuscontent: et voilà). Warum zum Teufel schreiben wir heute also noch von Hand? (mehr …)


Andere Themen: